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Stoffspielereien: Cording - oder wenn man mal vom Weg abkommt, kommt man auch irgendwo an

Mit dem Thema Cording konnte ich zuerst nicht wirklich etwas anfangen bzw. kannte ich die Technik auch gar nicht. Die Suche im Internet ergab zunächst nichts eindeutiges, der Begriff tauchte zumindest bei englischen Texten im Zusammenhang mit vielen verschiedenen Techniken auf, gemein hatten alle, dass in irgend einer Form Schnur verwendet wurde. Leider sprach mich das, was ich fand,  nicht so richtig an. Ich hatte daher auch schon überlegt, das Thema zu überspringen.

Ich habe ein paar Sachen ausprobiert und bin dabei, glaube ich, auf dem Weg ein wenig von selbigen abgekommen, denn 100% treffen meine Kreationen das Thema nicht mehr, aber das macht ja nichts. Wir sind hier ja nicht in der Schule, und das Schöne an so freien Arbeiten ist schließlich, dass es einen manchmal irgendwo anders hin trägt, woran man vorher gar nicht gedacht hat.

 

Aber der Reihe nach.

 

Meine erste Suche nach "Cording" allein ergab als Treffer eine schmerzhafte Erkrankung, die den gleichen Namen trägt, oder Cordhosen für Männer. "Cording stitch" lieferte viele Beiträge zum Thema Biesen stricken (was auch irgendwie passt, denn das mache ich ja auch gerade bei meinem Stirnband Seeanemone). 

Ich schränkte daher auf "Cording stitch embroidery" ein. Der Begriff wird im Internet lose für alle Techniken verwendet, bei der eine Kordel/ein Band dekorativ auf Stoff aufgenäht wird. Ich habe auch Beispiele gefunden, wo aus dem Oberstoff eine Schnur hergestellt wurde und dann aufgenäht wurde. So richtig gefallen hat mir nichts, besonders die maschinengestickten Sachen sind oft zu ordentlich für meinen Geschmack. Manches war mir auch irgendwie zu volkstümlich. Das erste, was ich  ganz gut fand, war der Casalguidi Stitch auf Mary Corbets Seite hier. Grandios ist der Vergleich mit der pinkfarbenen Schnecke (dass es die echt gibt, finde ich faszinierend!!!), und  eine Schnecke werde ich definitiv auch noch sticken (aber eine mit Haus!).

 

Dennoch wollte sich die Inspiration einfach nicht einstellen. Hinzu kam, dass ich nicht so gerne einfach ziellos etwas besticken mag. Da bin ich wahrscheinlich noch nicht "locker" genug, auch wenn die Stoffspielereien ja genau dazu einladen. Aber wenn ich nicht weiß, was ich anschließend dann mit dem Werk machen werde, verliere ich leicht die Motivation. Außerdem wollte ich auch etwas Frohes, Üppiges, Flamboyantes machen. Die Zeiten sind momentan ja schon düster genug. Ich kann gut verstehen, dass auf den ersten Weltkrieg die Roaring 20s folgten. Ich habe auch momentan Sehnsucht nach Leben, etwas Glanz und Sorglosigkeit, auch wenn mich irgendwie in letzter Zeit das Gefühl beschleicht, dass die Party endgültig vorbei ist. Den Überschwang und die Leichtigkeit, von der ich träume, finde ich gleichzeitig nicht mehr so richtig angemessen. Aber ich schweife ab, und allzu düster soll es hier auch gar nicht werden.

Mir kam daher schlussendlich die Idee, mir ein klein wenig Glanz in den Alltag zu holen. Wenn schon kein Partykleid, dann wenigstens ein bisschen Glitzer am Kragen. Ich habe also eine Serie an Schmuckkragen gestaltet, die man anstelle einer Kette tragen kann. Mir gefällt das sehr gut zu simplen Pullovern.

  

Auf den ersten Kragen habe ich zwei Koi-Fische gestickt, bei dem ich die Umrisse zuerst wie bei Mary Corbet mit Schnur gelegt habe.  Teile des Rumpfes habe ich mit Pailletten bestickt, für mehr Pizazz (Endlich mal eine Gelegenheit, dieses schöne Wort zu benutzen). Weil ich nichts allzu Liebliches machen wollte, und den Pailletten etwas entgegen setzen wollte, habe ich gröberes Leinen als Grundstoff und Perlstickgarn genommen. 

Dann habe ich die Schnur mit orangenem Perlstickgarn im Satin-Stich überstickt, das hatte ich gerade da und die Farbe passte gut. Die letzten zwei Runden des Casalguidi Stitch habe ich dann letztendlich gar nicht gemacht, weil sonst das Ganze zu dick und grob geworden wäre.  Ich hatte zwar den Effekt eines Aufnähers beabsichtigt, aber noch zwei Lagen Stickgarn  wären dann doch zu viel des Guten gewesen.  Das Motiv an sich gefällt mir aber sehr gut, das nächste Mal nehme ich dann nur doch dünneres Stickgarn.

Die fertigen Fischlis. Der Kragensteg wird mit einem Knopf geschlossen. Das ist auch eine gute Gelegenheit, einsame Knöpfe zu verwerten.  Man könnte aber auch ein Band annähen und zur Schleife binden.

 

 

Das zweite Projekt war inspiriert durch ein Stück Paketschnur, die so herumlag. Ich wollte die raue Oberfläche der Schnur einbringen, als Gegenpol zu den Perlen. Meine Assoziation war da eine struppige Distel oder Klette, die ich dann auch stilisiert aufgestickt habe, dazu dann ein Distelfink. 

Die Paketschnur haben ich zu Blättern und Stängeln gelegt und mit Perlgarn teilweise umstickt.  Die "Kletten" sind Spiralen aus Paketband, die Enden habe ich ausgefranst. Für etwas Glitzer und Kontrast habe ich noch Perlen drumherum gestickt, ich dachte dabei an Frost oder Tautropfen oder so.

 

Fertig geworden bin ich nicht, bisher habe ich auch nur einen Vogel auf der einen Seite, da ich noch nicht weiß, wie ich die andere Seite gestalten will. Zuerst hatte ich vor, auf die andere Seite ein Weibchen zu setzen, aber da weiß ich nicht, ob der Kontrast ausreicht, ohne das Knallrot und gelb.

 

Eine andere Idee wäre, unverblühte Distelblumen, also mit lila Schopf, auf die andere Seite zu setzen, und dann kein Vogel.

 

Andererseits ist die Symmetrie bei so einem Kragen ja auch schön. Hmmm, mal sehen.

Die dritte und wie ich finde beste Idee kam mir dann, als ich mir Machwerks Ankündigung durchlas - die einfachsten sind eben oft doch die besten Ideen.

Ursprünglich wollte ich es so machen wie ganz unten gezeigt, mit den Enden der Schnur, die herausschauen und zu "Puscheln" frisiert werden. Dass ich die Schnur dann außen mit Zickzackstich aufgenäht habe, war zunächst ein Versehen (mal wieder vergessen, den Stich auf Geradstich zurückzustellen…), der mir dann so gut gefiel, dass ich dabei geblieben bin.

 

Hier habe ich auf den Kragensteg verzichtet, aber das lag daran, dass ich zuerst die falsche Seite des Kragens zugenäht hatte, und dann keine Lust mehr hatte, es (zum widerholten Male) aufzumachen. Der Kragen steht dadurch nicht, sondern liegt flach, was auch schön aussieht.

Die Enden der Fäden habe ich dann noch mit etwas Glitzer verziert.

 

Fazit: ich mache bestimmt noch mehr solche Kragen, ich habe schon zwei weitere Ideen im Kopf. Das schöne ist, dass man sich da mal so richtig austoben kann, es aber dennoch nicht so ein langwieriges Projekt ist. Stoffreste kann man auch verwerten. Ein breiter Gürtel wird auch noch folgen, was dann wieder ein Kandidat fürs "eigentliche" Cording wäre. 

 

Vielen Dank an die Gastgeberin Griselda an dieser Stelle, ich habe so einiges Neues dazugelernt und habe jetzt viele Ideen im Kopf!

Und nun noch ein Take-Out: Man soll keine Pailletten bügeln, nein, auch nicht von der LINKEN Seite durch ZWEI Stofflagen und Einlage hindurch :-)

 

So "durfte" ich den einen Fisch nochmal neu beschuppen, tja, so ist das manchmal.

Puh, das ist diesmal aber ein lager Beitrag geworden. Jetzt bin ich aber erst Mal gespannt, was alle anderen so gemacht haben.

 

Viele Grüße, 

 

Anne Sophie

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